Höhlenkomplex von Gorham

Zeugnis der kulturellen Traditionen der Neandertaler

Mit der Eintragung des Höhlenkomplexes von Gorham in Gibraltar zählen seit Juli 2016 nunmehr 30 Stätten in Großbritannien zum UNESCO-Welterbe. Die Höhlen in Gibraltar sind ein außergewöhnliches Zeugnis der kulturellen Tradition der Neandertaler.

Faktenbox

Die Kalksteinklippen im östlichen Teil des Felsens von Gibraltar beherbergen vier Höhlen, deren archäologische und paläontologische Fundstätten auf die Präsenz von Neandertalern über eine Zeitspanne von mehr als 125.000 Jahren hinweisen. Seit der Entdeckung des ersten menschlichen Schädels im Jahr 1848 im Kalksteinbruch Forbes Quarry, der später als Neandertaler identifiziert wurde, ist Gibraltar ein weltweit bedeutender archäologischer Forschungsort. Mehr als 200 Höhlen wurden bereits in Gibraltar gefunden, davon liegen 46 in dem Gebiet der neuen Welterbestätte. Aufgrund des seit der Zeit der Neandertaler angestiegenen Meeresspiegels sind zahlreiche Höhlen heute teilweise oder ganz überschwemmt. Die vier zum Höhlenkomplex von Gorham gehörenden Höhlen – Gorham, Vanguard, Hyaena und Bennett – bilden das Kernstück der Welterbestätte, da hier umfangreiche Belege für die Präsenz von Neandertalern gefunden wurden.

Auszug aus dem Statement of Outstanding Universal Value, 2016

„Gorham’s Cave Complex provides an exceptional testimony to the occupation, cultural traditions and material culture of Neanderthal […] populations.”

"Der Höhenkomplex von Gorham bietet ein außergewöhnliches Zeugnis für die Besatzung, die kulturellen Traditionen und die materielle Kultur der Neandertaler [...]."

Zeugnis der kulturellen Traditionen der Neandertaler

Die Eintragung des Höhlenkomplexes von Gorham in die Welterbeliste erfolgte auf Grundlage von Kriterium (iii) der Konvention: Die Stätte ist ein außergewöhnliches Zeugnis der kulturellen Traditionen der Neandertaler. In den Höhlen sind 39.000 Jahre alte abstrakte Felsgravuren sowie Spuren der Jagd auf Vögel und Meerestiere zu Nahrungszwecken und Hinweise auf die Verwendung von Federschmuck zu finden. Die wissenschaftlichen Forschungsarbeiten vor Ort haben schon jetzt einen bedeutenden Beitrag zur Diskussion über den Neandertaler und sein abstraktes Denkvermögen sowie die Evolution des Menschen geleistet.

Das UNESCO-Welterbezentrum hat zur Steigerung der Präsenz ur- und frühgeschichtlicher Stätten auf der Welterbeliste das Programm HEADS (Human Evolutions: Adaptations, Dispersals und Social Developments) entwickelt. Im Rahmen dieses Programms wurden unter anderem Fundstätten frühgeschichtlicher menschlicher Präsenz wie der Höhlenkomplex von Gorham oder auch die Dolmenstätten von Antequera als wichtige Zeugnisse der menschlichen Evolution identifiziert. Sie ermöglichen wertvolle Einblicke in die Ursprünge unserer kulturellen Vielfalt und deren Ausdrucksformen. Der 2010 vom Welterbekomitee verabschiedete Aktionsplan des HEADS-Programms zur Unterstützung ur- und frühgeschichtlicher Stätten konzentriert sich insbesondere auf die stärkere Verbindung von Erforschung und Erhaltung der Stätten und die Identifizierung weiterer außergewöhnlicher Relikte der menschlichen Evolution.

Bedrohung durch den Klimawandel

Die größte Gefährdung für den Höhlenkomplex von Gorham stellen, vor dem Hintergrund des Klimawandels, der Anstieg des Meeresspiegels und die damit einhergehende Überflutung der Höhlen dar. Im Zuge des Nominierungsverfahrens der Stätte hat Großbritannien einen Plan zum Katastrophenschutz mithilfe des diesbezüglichen Handbuches des Welterbezentrums erstellt und eine Bewertung des Überflutungsrisikos durchgeführt, um auf diese Gefährdungen vorbereitet zu sein.

Porträtserie

Im Rahmen der 40. Sitzung des UNESCO-Welterbekomitees im Juli 2016 in Istanbul wurden 21 Stätten neu in die Liste des Welterbes aufgenommen. In ihrer Gesamtheit versinnbildlichen sie die Vielfalt und Bandbreite des gemeinsamen Erbes der Menschheit, dessen Erhaltung und Pflege sich die internationale Staatengemeinschaft 1972 mit dem "Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt" verschrieben hat.

Porträtserie

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