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Erbe zwischen Erinnerung und Zukunft

Junge Experten diskutieren Welterbe

Vom 25. Juni bis 04. Juli 2017 fand das World Heritage Young Professionals Forum 2017 in Warschau und Krakau statt. Ausgerichtet im Vorfeld der 41. Welterbekomiteesitzung bot das Forum jungen Experten aus 32 Staaten die Möglichkeit zu internationalem Austausch rund um das Welterbe und das Arbeitsthema „Memory: Lost and Recovered Heritage“.

Wie geht man mit zerstörtem Natur- oder Kulturerbe um? Was wird wie wieder aufgebaut, und wer darf dies bestimmen? Welche Rolle spielen Erbestätten für die Erinnerungskultur einer Gemeinschaft? – Diese und viele weitere Fragen standen im Fokus des Young Professionals Forums, ausgerichtet durch die Polnische UNESCO-Kommission, das International Cultural Centre in Krakau und das UNESCO-Welterbezentrum als Teil des Welterbe-Bildungsprogramms der UNESCO. Anhand ausgewählter Fallbeispiele aus ihren Heimatländern sowie dem Gastland Polen, diskutierten die jungen Experten aktuelle Fragen des Welterbeschutzes und -managements. Insbesondere die als Welterbe anerkannten Altstädte von Warschau und Krakau boten vielschichtige und viel diskutierte Anschauungsbeispiele. Während Warschaus Altstadt nach ihrer nahezu vollständigen Zerstörung im Zweiten Weltkrieg originalgetreu wiederaufgebaut und aufgrund dieser einzigartigen baulichen Geschichte 1980 in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen wurde, verfügt Krakaus altes Zentrum über eine im Krieg weitestgehend unbeschädigte Originalsubstanz.

Wiederaufbau - wie, was und durch wen?

Im Fokus des internationalen Austausches standen Überlegungen, ob der Wiederaufbau Warschaus ein Beispiel für andere im Krieg zerstörte Städte, beispielsweise Aleppo, sein kann. Auch besprochen wurde, wie sich der Umgang mit zerstörtem Erbe seit den 1950er Jahren gewandelt hat, und welche Rolle Ruinen als Mahnmale gegen das Vergessen einnehmen können und sollten. In Workshops, Besichtigungen und Vorlesungen wurden weitere Herausforderungen für Welterbestätten, insbesondere im städtischen Kontext, thematisiert.

Gentrifizierung, Massentourismus und das Gleichgewicht zwischen Bewahren und Entwicklung stellen viele Welterbestätten vor akute Herausforderungen. Was dies für eine Welterbestätte sowie die Arbeit des Welterbekomitees konkret bedeuten kann, erfuhren die Teilnehmenden aus nächster Nähe während ihrer eintägigen Modelsimulation einer Komiteesitzung. So stand eine fiktive Entscheidungsvorlage zur Altstadt Krakaus zur Debatte und sorgte für angeregte Diskussionen.

Abschlusserklärung der jungen Experten

Die während des Forums erarbeitete Deklaration wurde am ersten Arbeitstag des Welterbekomitees, am 3. Juli 2017, präsentiert und richtet sich an die Vertragsstaaten der Welterbekonvention und die gesamte Weltgemeinschaft. In ihr legen die jungen Experten ihre Vorstellungen und Ziele zum Umgang mit dem Erbe der Menschheit und insbesondere mit dem zerstörten (Welt)Erbe dar. Als besonders wichtig wird darin die Einbindung lokaler Gemeinschaften, indigener Völker, benachteiligter Gruppen und der Jugend in Prozesse und Entscheidungen rund ums Welterbe hervorgehoben, insbesondere im Zusammenhang mit Entscheidungen zum Wiederaufbau. Auch hervorgehoben wird, dass alle Entscheidungen zum Umgang mit beschädigtem und zerstörtem Erbe – Natur oder Kultur – Nachhaltigkeitsüberlegungen einbeziehen sollten. In ihrer Abschlusserklärung verpflichten sich die Teilnehmenden des Forums außerdem, aktiv an Diskussionen um Erinnerungskultur teilzunehmen, kulturelle Diversität zu fördern und jeglicher Form von Extremismus gegen Menschen und Gemeinschaften und ihr kulturelles und natürliches Erbe entgegen zu treten.