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Immaterielles Kulturerbe und die Folgen von Covid-19

Das Coronavirus macht auch vor Immateriellem Kulturerbe nicht Halt: Kulturformen sind durch die Pandemie bedroht oder eingeschränkt, passen sich aber auch an. Gleichzeitig bietet das lebendige Erbe vielen Gemeinschaften eine Quelle der Widerstandsfähigkeit, Solidarität und Inspiration.

Die UNESCO sammelt derzeit Erfahrungsberichte aus aller Welt zu den Auswirkungen der Pandemie. Auf ihrer Webseite präsentiert sie mehr als 170 Beispiele aus verschiedenen Ländern. Sie erzählen von der eingeschränkten Ausübung des Immateriellen Kulturerbes im alltäglichen Leben. Manche Immaterielle Kulturformen sind bedroht. Veränderungen können aber auch ein Mittel der Inspiration und des Zusammenhalts sein.

Zahlreiche Veranstaltungen wurden abgesagt. Dadurch fällt die soziale und finanzielle Grundlage für die Ausübung vieler Feste und Bräuche weg. Viele Menschen können auch keine Versammlungs- oder Erinnerungsorte aufsuchen. Die niederländische UNESCO-Kommission hat per Umfrage ermittelt, dass 60% der teilnehmenden niederländischen Trägergruppen mit weitreichenden Konsequenzen durch die Beschränkungen konfrontiert sind.

Zeitgleich haben sich viele Trägergruppen entschlossen, wegen der Pandemie ihre Auftritte und Aktivitäten in den sozialen Medien auszuweiten. Ob Live-Shows, Workshops, Lesungen, Seminare oder Lernmaterialien – vom Geigenbau in Italien über Tanzgruppen in Malaysia bis hin zu digitalen Kunstplattformen in Chile sind inspirierende Beispiele dabei. Diese helfen, das Immaterielle Kulturerbe aufrecht zu erhalten und das Können und Wissen an jüngere Generationen weiterzugeben. Einige Trägergruppen betonen jedoch, dass Kulturvermittlung nicht dauerhaft nur online erfolgen kann.

Die Covid-19-Pandemie hat auch die Entstehung neuer kultureller Ausdrucksformen und Rituale begünstigt. Dies trifft beispielsweise auf Bekundungen der Solidarität zu wie den Applaus für Pflegekräfte, Stofftiere in Fenstern, kreativ gestaltete Schilder oder Banner an Hauswänden. Auch Musikkonzerte vom Balkon aus fanden regen Anklang. Weitere kreative Ideen Immaterieller Kulturformen sind Mundschutzmasken mit traditionellen Mustern – ob in den peruanischen Anden oder aus europäischen Blaudruck-Werkstätten.

Deutsche Trägergruppen sind ebenfalls betroffen. Beispielsweise schränkte die Pandemie die Mobilität von Saisonarbeiterinnen und Saisonarbeitern ein, die auch im innerstädtischen Erwerbsgartenbau in Bamberg tätig sind. Viele Gärtnereien mussten Sicherheitsmaßnahmen anpassen und auf Lieferdienste umstellen. Auch in Deutschland wurden zahlreiche Veranstaltungen abgesagt oder verschoben, wie zum Beispiel der Osterritt der Lausitzer Sorben.

Insgesamt sehen alle Trägergruppen die Einschränkungen als weitreichende Einbußen finanzieller Mittel, aber auch in Bezug auf die Interaktion mit Menschen und der Umwelt. Das Immaterielle Kulturerbe lebt von der Wissensweitergabe an jüngere Generationen und von der Lebendigkeit traditioneller Handarbeit, Kunstformen und Bräuche. Besonders hier zeigt sich auch die Bereitschaft, Lösungen zu finden und trotz der Pandemie Kontakte aufrecht zu erhalten.