Meldung,

Covid-19: Wie reagieren die Trägergruppen von immateriellen Kulturformen?

Terminverschiebungen, digitale Formate und neue Ideen: Covid-19 beeinflusst und verändert die Ausübung von immateriellen Kulturformen auch in Deutschland. Die Pandemie trifft die im Bundesweiten Verzeichnis Immaterielles Kulturerbe eingetragenen Elemente in unterschiedlichem Ausmaß.

Viele Trägergruppen aus dem Bundesweiten Verzeichnis berichten von Einschränkungen für ihr Immaterielles Kulturerbe. Das Vereinsleben steht oft still, Handwerkstätigkeiten sind eingeschränkt, Feierlichkeiten finden nicht statt. Um der neuen Situation entstehen daher vielerorts Initiativen mit innovativen Ideen.

Manuelle Glasfertigung

Für die Manuelle Fertigung von mundgeblasenem Hohl- und Flachglas bedeutet die Pandemie starke wirtschaftliche Einbußen in den Glasmanufakturen sowie den Studios, da die Hygieneregeln bei der Technik des Glasblasens schwer einzuhalten sind. Darauf reagierte das LWL-Industriemuseum Glashütte Gernheim und organisierte die Ausstellung „Contra Corona“ in Petershagen. Diese zeigt Werke von 30 in Deutschland mit Glas arbeitenden zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern.

Landshuter Hochzeit

Die Landshuter Hochzeit wurde 2020 abgesagt und auf 2023 verschoben. Dafür wurde die Initiative #wirsehenuns2023 ins Leben gerufen und unter anderem per Auto- und Fahrradaufkleber verteilt. Das Vereinsleben kam während des Lockdowns nicht zum Stillstand. Die Trägergruppen können unter dem Motto kreative Ideen einbringen, um die Zeit ohne Aufführung bis 2023 zu überbrücken. Eine digitale Notenbank soll zudem Musik des Mittelalters für die Mitwirkenden bereitstellen.

Moderner Tanz

Eine pandemiebedingte Zwangspause gab es auch für Trägergruppen des Modernen Tanzes. Recherche, Forschung, Vermittlung, künstlerischen Produktionen und Aufführungen mussten weitgehend pausieren. Mittlerweile werden schrittweise angepasste Veranstaltungen entwickelt und realisiert. Die Gesellschaft für Tanzforschung zeigt neue Veranstaltungsformen, denen sich die Träger des modernen Tanzes mithilfe der sozialen Medien zuwenden. Digitale Alternativen ermöglichen einen vermehrten Informationsaustausch. Sie machten aber auch deutlich, dass für den modernen Tanz die praktische Ausübung, das aktive Tun und Erleben von größter Bedeutung sind.    

Peter-und-Paul-Fest

Das Peter-und-Paul-Fest wurde als die virtuelle Veranstaltung „Peter-und-Paul online. In 96 Stunden durch die Geschichte“ im Livestream realisiert. Unzählige Beiträge und Bilder aus den letzten Jahren wurden von der Vereinigung Alt-Brettheim zum Festwochenende aufbereitet und in der für 2020 geplanten Programmfolge des Festes gepostet – von der Festeröffnung, über Schlacht und Zapfenstreich bis zum Schwartenmagenumzug. Peter-und-Paul-Filmmaterial wird bereits unabhängig von der Covid-19-Pandemie für die Nachwelt digitalisiert. Einzelne Beiträge wurden extra für das Nicht-Fest 2020 produziert. 

Blaudruck

Im Heimatmuseum Scheeßel musste die Dauerausstellung für Blaudruck umgeplant werden. Auch kam es zu Auswirkungen auf das ehrenamtliche Engagement. Das Heimatmuseum Scheeßel nutzte die Möglichkeit für filmische Kurzbeiträge in der Reihe „Treffpunkt Museum“, unter anderem zu „Wege des Wissenstransfers“ und „Herstellung von Druckstöcken“.

Grasedanz im Harz

Auch der Grasedanz im Harz musste 2020 abgesagt werden. Die Mitglieder der Vereine bleiben digital in Kontakt. In Neuwerk wurde die Zeit genutzt, um Reparaturarbeiten am Festhaus des Grasedanzes – auch „Turbine“ genannt – durchzuführen. Aufgrund der Lockerung von Beschränkungen konnten in Neuwerk und Hüttenrode zudem kleinere vereinsinterne Feste stattfinden. Außerdem laufen die Planungen für den Grasedanz 2021.

Orgelbau und Orgelmusik

Im Bereich Orgelbau und Orgelmusik nahm die Pandemie insbesondere auf die Arbeit der Orgelrestaurierung kaum Einfluss. Werkstätten vermieden Auswärtstermine und konzentrierten sich auf die nähere Umgebung. Die lokale Verortung trotzt der Pandemie auf nachhaltige Art und Weise. Gleichzeitig zeigten Internet-Gottesdienste, dass eine auf das Wort reduzierte Liturgie der Orgelmusik bedarf.

Schäferlauf in Markgröningen, Bad Urach und Wildberg

Die Schäferläufe in Markgröningen, Bad Urach und Wildberg wurden für 2020 allesamt abgesagt. Unter dem Motto „Jetzt erst recht!“ gestalteten in Wildberg Kinder und Jugendliche in einer Kunstaktion 150 Windräder, die bis Ende September an zahlreichen Plätzen der Stadt stehen. Darüber hinaus ist trotz der Pandemie die Gründung des Vereins „Schäferlauffreunde Wildberg“ geplant, an dem bis zu 160 Personen bereits Interesse gezeigt haben. Dieser soll auch der Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes dienen. Unter Beachtung strenger Sicherheitsvorkehrungen wurde außerdem zu einem Schäfertreffen im Freien eingeladen.

 

Mehr Informationen zu den verschiedenen immateriellen Kulturformen finden Sie im

Bundesweiten Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes

 

Publikation

Wissen. Können. Weitergeben..
Deutsche UNESCO-Kommission, 2019