Auf ein Wort,

Was bewegt die UNESCO-Kommission in Slowenien?

Gašper Hrastelj
Stellvertretender Generalsekretär der Slowenischen UNESCO-Kommission

Die Slowenische UNESCO-Kommission hat vom 24. bis 26. Februar 2019 das vierte Jahrestreffen der europäischen UNESCO-Kommissionen in Bled ausgerichtet. Dieses europäische Netzwerk wurde 2015 in Bonn ins Leben gerufen.

Herr Hrastelj, wie ist das Treffen aus Ihrer Sicht verlaufen?

Ich halte den persönlichen Austausch zwischen etwa 40 europäischen UNESCO-Kommissionen für besonders wichtig, da wir alle ähnliche Herausforderungen haben. Das gilt auch heute, wo wir fast beliebige Möglichkeiten elektronischer Medien zur Verfügung haben, und selbst wenn die Zeit bei den Treffen von nur eineinhalb Tagen knapp ist. Wir tauschen uns aus, lernen voneinander, planen gemeinsame Aktivitäten – und setzen diese danach um, selbst wenn sich nicht alle Ideen realisieren lassen. Seit dem ersten Treffen, das die DUK 2015 in Bonn ausgerichtet habe, war ich nun zum dritten Mal dabei. Ich habe jedes Mal sehr von dem Austausch profitiert. Daher hatte ich es zunächst bedauert, dass zu Beginn des Treffens in Bled vorgeschlagen wurde, dass wir uns künftig nur alle zwei Jahre treffen sollten. Interessanterweise hat am Ende die Erfahrung des konkreten Treffens in Bled dazu geführt, dass wir beschlossen haben, bei jährlichen Treffen zu bleiben.

Ich bin darüber hinaus äußerst zufrieden mit den Ergebnissen und den gemeinsamen Planungen. Interessant waren diesmal auch, dass einzelne Wissenschaftler dabei waren wie Marko Grobelnik vom Institute Jozef Stefan, die ihre Sicht auf globale Herausforderungen darlegten und wie UNESCO-Nationalkommissionen sich diesen Herausforderungen stellen könnten. Diese Wissenschaftler haben nicht nur referiert, sondern auch über drei Stunden in Arbeitsgruppen mitgewirkt und dabei auch traditionelle Denkmuster in unserer Runde überwunden.

Künstliche Intelligenz war eines der Hauptthemen des Treffens. Warum?

Slowenien hat 2017 mit großem Erfolg den Zweiten UNESCO-Weltkongress in Open Educational Resources organisiert. In der Folge haben wir festgestellt, dass Slowenien viel Expertise in vielen Bereichen der digitalen Transformation aufweist, nicht nur zur Digitalisierung in der Bildung, im Hochschulwesen, sondern auch bezüglich der Auswirkung auf alle anderen Gesellschaftsbereiche. Viele slowenische Experten haben Interesse gezeigt, hierzu auch mit der UNESCO und der UNESCO-Kommission zusammenzuarbeiten.

In der Folge ist die UNESCO auf uns zugekommen mit der Anregung, dass Slowenien ein so genanntes Kategorie-II-Zentrum zur künstlichen Intelligenz gründen könnte. Bis Herbst 2019 ist Slowenien noch Mitglied des UNESCO-Exekutivrats, bis dahin wollen wir dieses Kategorie-II-Zentrum gegründet haben. Wir haben also aktuell zwei Prioritäten, die Verabschiedung einer UNESCO-Empfehlung zu Open Educational Resources und die Gründung eines Zentrums zu künstlicher Intelligenz unter UNESCO-Schirmherrschaft, beides im November 2019. Wohlgemerkt, nicht als nationales Interesse, sondern als Chance der engen Kooperation mit führenden Staaten wie Deutschland oder Frankreich. Wir beobachten es mit großem Interesse, dass Deutschland und Frankreich im Bereich der künstlichen Intelligenz im Tandem vorpreschen, hohe Finanzmittel einsetzen und auch eine Führungsrolle weltweit einnehmen werden. Slowenien möchte sich mit der Einrichtung des UNESCO-Zentrums in diese hohe Dynamik einbringen. Daher haben wir das Thema auch auf die Tagesordnung unseres Treffens in Bled gesetzt.

Wie sehr verfolgt Slowenien damit eine Strategie, sich mit modernen Technologien auf der Bühne der UNESCO zu positionieren?

Interessanterweise ist der Impuls für die Vorreiterrolle Sloweniens bei Open Educational Resources tatsächlich von der UNESCO und den Vereinten Nationen ausgegangen. Die UN haben an das Jozef Stefan Institut in Ljubljana einen Preis für beste digitale Produkte im Bildungsbereich verliehen. Aus diesem Anlass kamen wir als Nationalkommission in Kontakt mit diesen Kollegen im eigenen Land und der Fachabteilung der UNESCO. Somit hat der Preis der UNESCO und der UN uns überhaupt erst gezeigt, was unser Land vorzuweisen hat, dass wir sogar als Land ein gewisses Alleinstellungsmerkmal haben. Mit Staaten wie Deutschland, Frankreich, den USA und China können wir nicht mithalten, aber wir können erfolgreich Nischen finden. Und wir können diese Nischen dann sogar gegen starke Opposition durchsetzen – wie damals zum Thema Open Education Resources gegen Opposition der USA. Diese Rolle wollen wir bis mindestens Ende 2019 im Exekutivrat weiterspielen. Denn mit diesen Themen kann sich Slowenien auf der globalen Landkarte einen Namen machen.

Welche anderen Themen sind der slowenischen UNESCO-Kommission besonders wichtig?

Slowenien ist als Nachfolgestaat des ehemaligen Jugoslawiens seit 1992 Mitgliedstaat der UNESCO. Wir müssen als relativ kleine UNESCO-Kommission Prioritäten der Zusammenarbeit mit der UNESCO setzen. Wir können uns mit allen UNESCO-Politikbereichen nur im Sinne übergreifender Politikberatung der verschiedenen Ressorts beschäftigen, können darin aber natürlich nicht überall selbst mit hoher Qualität arbeiten. Durch diese Prioritäten arbeiten wir wirklich erfolgreich, vor allem in den UNESCO-Wissenschaftsprogrammen, wo wir sehr aktive Nationalkomitees haben. Jugendbeteiligung in der Arbeit der UNESCO-Kommission ist eine weitere Priorität. Natürlich sind auch die Erbeprogramme entscheidend: Wir haben vier Einträge auf der Welterbeliste, vier Einträge auf der Liste des immateriellen Kulturerbes, vier Biosphärenreservate und zwei Geoparks. Unsere Prioritäten setzen wir teils selbst, manchmal kommen sie aber auch aufgrund von Impulsen anderer Nationalkommissionen (zum Beispiel zu Jugendpartizipation aus Deutschland oder Kanada) oder der UNESCO selbst, wie eben erläutert anhand den Beispielen zu Open Educational Resources und Künstliche Intelligenz.

Auf welche Erfolge der letzten Jahre ist die Slowenische UNESCO-Kommission außerdem besonders stolz?

Das ist die Umsetzung der Antidoping-Konvention der UNESCO in Slowenien. Wir haben mit dem slowenischen Leichtathletikverband und privaten Sportvereinen zum Beispiel im Fußball und Handball zusammengearbeitet und eine „Schulstunde“ zum Thema Doping mit über 3.000 Schülerinnen und Schülern organisiert.

Vielen Dank für das Interview!

Slowenische UNESCO-Kommission

Die Slowenische UNESCO-Kommission wurde 1982 als Kommission des Exekutivrats der Sozialistischen Republik Slowenien, damals Teil der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien, für die Zusammenarbeit mit der UNESCO gegründet. Nach der Unabhängigkeitserklärung der Republik Slowenien wurde die Kommission 1991 zur Slowenischen UNESCO-Nationalkommission.

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