UNESCO-Welterbe Verborgene christliche Stätten in der Region Nagasaki

Zeugnisse eines Lebens im Geheimen

Die neue Welterbestätte in der westlichsten Region des japanischen Archipels ist Ausdruck der kulturellen Tradition der verborgenen Christen Japans, die ihren Glauben trotz Verbot und Verfolgung im 17. bis 19. Jahrhundert bewahren konnten. Spuren der spezifischen Traditionen finden sich noch heute in Dörfern, verborgenen Grabstätten und Kirchen.

Fakten

1614 setzte der Schogun, der militärische Herrscher des 1587 geeinigten Japans, ein landesweites Verbot des Christentums und der Ausübung des Glaubens durch. Verfolgung, die Niederschlagung eines Aufstands christlicher Gemeinschaften und die Hinrichtung aller noch in Japan verbliebenen Missionare bis 1644 führten dazu, dass japanische Christen ihren Glauben nur im Verborgenen leben konnten. So entstand eine besondere kulturelle Tradition mit eigenen Riten, gekennzeichnet durch den Zwang zum verdeckten Leben des eigenen Glaubens.

Stätten eines heimlichen religiösen Lebens

Die 12 Teilgebiete der seriellen Welterbestätten finden sich im Nordwesten der Insel Kyushu, der westlichsten Hauptinsel Japans, an schwer erreichbaren Orten wie kleinen, abgelegenen Inseln. Die Stätte umfasst Gebäude, die zur Aufbewahrung heiliger Gegenstände dienten, verborgene christliche Grabstätten, acht Kirchen sowie Todesstätten christlicher Märtyrer. Ebenfalls zur Stätte zählen Häuser, in denen die sogenannte Efumi-Zeremonie durchgeführt wurde, während welcher Christen alljährlich die Abkehr von ihrem Glauben bestätigen mussten. Mehrere buddhistische und Shinto-Schreine weisen auch heute noch damals heimlich angebrachte christliche Ikonen und weitere heilige Gegenstände auf, die ihre Nutzung zur verdeckten Ausübung des Glaubens bezeugen.

Jüngste Komponente der Welterbestätte ist die Oura-Kathedrale in Nagasaki. Die Holzkirche wurde von den ersten Missionaren nach der Öffnung Japans und der Aufhebung des Verbots des Christentums 1873 erbaut. Kurz nach der Weihungsfeier zeigte sich eine Gruppe der verborgen lebenden Christen den Missionaren. Das heute als „Entdeckung der verborgenen Christen“ bezeichnete Ereignis läutete das Ende des versteckten religiösen Lebens ein.

Auszug aus dem Statement of Outstanding Universal Value, 2018

„Hidden Christians gave rise to a distinctive religious tradition that was seemingly vernacular yet which maintained the essence of Christianity, and they survived continuing their faith over the ensuing two centuries.”

"Verborgene Christen begründeten eine charakteristische religiöse Tradition, die augenscheinlich profan war und dennoch die Essenz des Christentums wahrte. So konnten sie in den folgenden zwei Jahrhunderten kontinuierlich ihren Glauben leben."

In ihrer Gesamtheit ist die Welterbestätte ein Zeugnis der kulturellen Tradition der Christen Japans, die ihren Glauben über zwei Jahrhunderte im Verborgenen bewahrten und weitergaben (Aufnahmekriterium iii). Noch heute werden viele der Schreine und Kirchen genutzt und ebenso wie die umgebende Natur und Landwirtschaft von der lokalen Bevölkerung gepflegt.

Welterbestätten mit religiöser Bedeutung

Die neue Welterbestätte „Verborgene christliche Stätten in der Region Nagasaki“ gehört zu den etwa 20 % aller Welterbestätten weltweit, die spirituelle oder religiöse Bedeutungen oder Verbindungen aufweisen. Die religiösen Gemeinschaften, für die diese Weltererbestätten eine besondere Bedeutung haben, in Erhalt und Management des Erbes einzubinden, stellt hier eine besonders wichtige Aufgabe dar.

Um auf die spezifischen Herausforderungen im Zusammenhang mit religiösen Erbe einzugehen, wurde 2010 die UNESCO-Initiative zu Erbe von religiösem Interesse ins Leben gerufen. Ein in diesem Kontext organisiertes internationales Seminar in Kiew 2010 brachte das “Statement on the Protection of Religious Properties within the Framework of the World Heritage Convention” (Erklärung zum Schutz von religiösen Gütern im Rahmen der Welterbekonvention) hervor. Weitere Richtliniendokumente zum Umgang mit heiligen Kultur- wie auch Naturstätten wurden von ICOMOS und IUCN verabschiedet.

Auch die 2018 in die Welterbeliste eingeschriebene Stätte „Sansa, buddhistische Bergklöster in Korea“ fällt in die Kategorie spirituellen und religiösen Erbes, ebenso wie beispielsweise der vor 40 Jahren eingeschriebene Aachener Dom.

Porträtserie

Im Rahmen der 42. Sitzung des UNESCO-Welterbekomitees 2018 in Manama, Bahrain wurden 19 Stätten neu in die Liste des Welterbes aufgenommen. In ihrer Gesamtheit versinnbildlichen sie die Vielfalt und Bandbreite des gemeinsamen Kultur- und Naturerbes der Menschheit.

Zur Porträtserie

weitere Artikel

UNESCO-Welterbe Pimachiowin Aki
Pimachiowin Aki

Welterbe international

UNESCO-Welterbe Pimachiowin Aki

Pimachiowin Aki ("das Land, das Leben schenkt") ist eine von Flüssen durchzogene Waldlandschaft mit Seen, Feuchtgebieten und nördlichen Wäldern in Kanada. Sie gehört zu den angestammten Gebieten der Anishinaabeg, einem indigenen Volk von Fischern, Jägern und Sammlern.
weiterlesen
Mariä-Himmelfahrts-Kathedrale und -Kloster der Inselstadt Swijaschsk - Neues Welterbe 2017
Mariä-Himmelfahrts-Kathedrale der Insel Swijaschsk, Russische Föderation

Welterbe international

Mariä-Himmelfahrts-Kathedrale und -Kloster der Inselstadt Swijaschsk - Neues Welterbe 2017

Als außergewöhnlicher Ausdruck der Austauschbeziehungen in Eurasien zu Zeiten der russischen Expansionen nach Osten wurden die Mariä-Himmelfahrts-Kathedrale und das gleichnamige Kloster der Inselstadt Swijaschsk 2017 in die UNESCO-Welterbeliste eingeschrieben.
weiterlesen