UNESCO-Welterbe Kalifat-Stadt Madīnat az-Zahrā

Die „leuchtende Stadt“ – Vergessenes Erbe wiederentdeckt

Madīnat az-Zahrā - die „Leuchtende“ - wurde als Ausdruck der Größe des Kalifats von Córdoba ab 940 n. Chr. in Andalusien errichtet. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wiederentdeckt, sind die Ruinen heute außergewöhnliche Zeugnisse der Kultur und Architektur der Umayyaden. Die archäologische Stätte wurde im Rahmen der 42. Sitzung des Welterbekomitees 2018 in die UNESCO-Welterbeliste eingeschrieben.

Fakten

Mitte des 8. Jahrhunderts errichtete die muslimische Dynastie der Umayyaden ein Emirat im Süden der iberischen Halbinsel, das Emirat von Córdoba. Nachdem Ab dar-Rahmān III. 929 nach der Befriedung aufständischer Stämme das Kalifat von Córdoba ausrief und sich zum Kalifen erklärte, ließ er ab 940 Madīnat az-Zahrā als neuen Herrschaftssitz am Fuße der Gebirgskette Sierra Morena erbauen. Nur etwa 10 Kilometer westlich von Córdoba, der ehemaligen Hauptstadt, gelegen, sollte die neue Stadt die Bedeutung des neuen Kalifen widerspiegeln.

Machtzentrum, Repräsentanz und künstlerisches Zentrum

Errichtet am Fuße der Berge und angrenzend an die fruchtbare Ebene des Flusses Guadalquivir, liegt Madīnat az-Zahrā, auch Medina Azahara genannt, an einem landschaftlich sehr schönen Platz mit herausragender Sicht über die Umgebung. Im Gegenteil zu gewachsenen Wohnorten zeugt die über mehrere Terrassen angelegte Stadt von einem ganzheitlichen städteplanerischen Ansatz.

Madīnat az-Zahrā wurde als Teil des politischen, wirtschaftlichen und ideologischen Plans von Ab dar-Rahmān III. um den befestigten Palast im Stadtzentrum errichtet. Neben dem Palastkomplex, welcher sich über mehrere Ebenen erstreckte und Gärten und offene Bereiche einschloss, umfasste die Stadt Verwaltungs- und Militärgebäude sowie Wohnbereiche, Werkstätten und religiöse Bauten. Eine als Rechteck angelegte Stadtmauer umrahmte die Stadt, wobei der Thronsaal das Zentrum der geometrischen Struktur bildete. Die Kalksteinbauten wurden mehrheitlich verputzt und in einigen Fällen mit Reliefsteinen dekoriert. Die Ruinen der so auf staatliche Initiative hin gebauten und sorgsam gestalteten Stadt stellen ein außergewöhnliches Zeugnis der Kultur und Architektur der heute nicht mehr existierenden Umayyaden-Gesellschaft dar (Aufnahmekriterium iii).

Auszug aus dem Statement of Outstanding Universal Value, 2018

The Caliphate City of Medina Azahara is an outstanding example of urban planning combining architecture and landscape approaches, the technology of urban infrastructure, architecture, decoration and landscape adaption […].

Die Kalifatsstadt Madīnat az-Zahrā ist ein außergewöhnliches Beispiel für Städteplanung, die Architektur- und Landschaftsbauansätze, die Technologie urbaner Infrastruktur, Architektur, Dekoration und Anpassung an die Landschaft verbindet [...].

Über zwei Bauphasen ab 940 und 950 hinweg entstand die Stadt unter bestmöglicher Nutzung der landschaftlichen Gegebenheiten. Terrassen wurden in den Berg geschnitten und die Topographie wurde genutzt, um eine subtile Hierarchie zwischen den Gebäuden zu erreichen. Straßen, Bewässerungssysteme und weitere notwendige Infrastruktur wurden inner- und außerhalb der Stadtmauer eingerichtet. Die Stadt in ihrer Gesamtheit ist so ein außergewöhnliches Beispiel der städteplanerischen und –baulichen Ansätze der umayyadischen Gesellschaft im 10. Jahrhundert (Aufnahmekriterium iv).

Erbe und Wissenschaft

Unter Ab dar-Rahmān III.und seinem Nachfolger al-Hakam II. war Madīnat az-Zahrā von größter Bedeutung. Bereits ab 974 begann jedoch der Niedergang der Stadt, die schließlich nach der Plünderung im Zuge des Bürgerkrieges 1009-1010 aufgegeben wurde. Dieser Bürgerkrieg führte auch zum Ende des Kalifats 1031. Die Ruinen von Madīnat az-Zahrā wurden nach der Ausdehnung der christlichen Reiche auf der Iberischen Halbinsel „Córdoba la Vieja“ genannt, gerieten jedoch in Vergessenheit und wurden erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts wiederentdeckt und teilweise erschlossen. Diesem Umstand verdankt die Stätte den guten Erhaltungszustand der archäologischen Überreste.

Bis heute sind nur etwa 10% des gesamten Komplexes ausgegraben, hauptsächlich im Bereich des befestigten Palastes. Dieser Bereich alleine umfasst jedoch bereits 12 Hektar und stellt eine wichtige Quelle wissenschaftlicher Forschung dar. Neuere Grabungen, wie etwa 2007/08 durchgeführt, sowie die Nutzung von Fotografien und Messungen aus der Luft lassen weitere Erkenntnisse für die Zukunft erhoffen.

Die wissenschaftliche Erforschung von Welterbestätten ermöglicht in vielen Fällen ein besseres Verständnis vergangener Gesellschaften und Kulturen und befördert für heutige Entwicklungen relevante Erkenntnisse, beispielsweise zum Umgang mit klimatischen Veränderungen. Insbesondere archäologische Stätten wie der Archäologische Grenzkomplex Haithabu und Danewerk oder die Prähistorischen Pfahlbauten um die Alpen stellen nicht nur zu erhaltendes Erbes dar sondern sind zugleich wichtige Forschungsstätten. Damit einher geht die Herausforderung, Forschung, Schutz und Vermittlungsarbeit in Einklang zu bringen.

Porträtserie

Im Rahmen der 42. Sitzung des UNESCO-Welterbekomitees 2018 in Manama, Bahrain, wurden 19 Stätten neu in die Liste des Welterbes aufgenommen. In ihrer Gesamtheit versinnbildlichen sie die Vielfalt und Bandbreite des gemeinsamen Kultur- und Naturerbes der Menschheit.

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