Ensemble der Moderne in Pampulha

Architektur der Moderne in Lateinamerika

Als herausragendes Beispiel moderner Architektur wurde das Ensemble der Moderne in Pampulha, gelegen im Gartenviertel von Belo Horizonte, Brasilien, im Juli 2016 in die Liste des Welterbes eingetragen.

Faktenbox

Die drei als Casino, Tanzsaal und Golf- und Yachtclub angedachten Bauten sowie die Kirche São Francisco de Assis bilden mit den sie umgebenden Gartenanlagen und der künstlichen Lagune ein harmonisierendes Gesamtwerk, welches das Zusammenspiel einer globalen architektonischen Bewegung mit lokalen Einflüssen und Gegebenheiten verdeutlicht.

Das 1940 im Rahmen eines staatlichen Bauvorhabens entwickelte Ensemble sollte ursprünglich als Kultur- und Freizeitzentrum den Mittelpunkt eines Villenviertels der wohlhabenden Mittelschicht von Belo Horizonte, der Hauptstadt der Provinz Minas Gerais, bilden. Das Ensemble mit Gartenstadt-Charakter ist somit Ausdruck sozio-ökonomischer Veränderungen und gesellschaftspolitisch motivierter Bauprojekte in Lateinamerika zu der damaligen Zeit. Vor allem ist es das Ergebnis der sich ergänzenden, kombinierten künstlerischen Leistung des Architekten Oscar Niemeyer, des Ingenieurs Joaquim Cardozo, des Landschaftsarchitekten Roberto Burle Marx und des Künstlers Candido Portinari sowie weiterer lokaler Künstler.
 

Auszug aus dem Statement of Outstanding Universal Value, 2016

„Through a dynamic collaboration between various innovative artists in their respective fields of activity, the Ensemble pioneered a contextual approach in which a new fluid modern architectural language was fused with the plastic arts and design, and responded to its landscape context.”

"Durch die dynamische Zusammenarbeit verschiedener innovativer Künstler mit ihren jeweiligen Tätigkeitsfeldern hat das Ensemble einen kontextuellen Ansatz entwickelt, bei dem eine neue fließende moderne Architektursprache mit den plastischen Künsten und dem Design verschmolzen wurde und auf den landschaftlichen Kontext reagiert."

Außergewöhnlicher Wert durch kollektives Genie

Gerade die Verwobenheit und Harmonie der künstlerischen Leistungen dieser Einzelpersonen sowie die Verbindung unterschiedlicher Disziplinen in einem einzigartigen Gesamtwerk von Bauwerken und (Garten-)Landschaft begründen den außergewöhnlichen universellen Wert des Ensembles. Die vielseitigen plastischen Eigenschaften des Betons wurden optimal genutzt und die innovativen Formen der Bauten durch Kunstelemente und die sie umgebenden Gärten optisch zusätzlich in Szene gesetzt. So ist das Ensemble in Pampulha unter anderem auch als Meisterwerk der menschlichen Schöpferkraft (Kriterium i) als Welterbe anerkannt worden.

Zugleich ist dieses Ensemble der Moderne Ausdruck einer lateinamerikanischen Interpretation moderner architektonischer Prinzipien und ihrer Anpassung an lokale Gegebenheiten und belegt die gegenseitige Beeinflussung der Architektur der Moderne zwischen Europa, Nordamerika und der lateinamerikanischen Region (Kriterium ii). Durch seine individuelle Form reflektiert das Gesamtwerk letztlich auch das Aufkommen nationaler Identität in Brasilien, beispielhaft für viele Staaten der Region in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts (Kriterium iv).

Moderne Architektur als Welterbe

Ausgehend von einer besonderen Gefährdung moderner architektonischer Werke, u.a. aufgrund eine mangelnden Anerkennung ihres Wertes, gründeten 2001 das UNESCO-Welterbezentrum, ICOMOS International und die Internationale Vereinigung für die Dokumentation und den Erhalt von Bauwerken und städtebaulichen Ensembles im Stil der Moderne (DoCoMoMo) das Modern Heritage Programme. Im Rahmen dieses Programms wurden Vertragsstaaten und internationale Expertengruppen bei der Identifizierung von Bauten und Ensembles dieser Architekturepoche unterstützt mit dem Ziel, diese besser zu schützen und die Werke der Architektur der Moderne angemessener auf der Welterbeliste repräsentieren.

Inzwischen gehören eine Vielzahl solcher Werke der Architektur der Moderne weltweit zum UNESCO-Welterbe. In Brasilien ist hier vor allem die Hauptstadt Brasilia zu nennen, die bereits 1987 als Welterbe anerkannt wurde und ebenfalls ein Werk des Architekten und Visionärs Oscar Niemeyer darstellt. Ebenfalls im Jahr 2016 wurde das architektonische Werk Le Corbusiers in die Welterbeliste aufgenommen, welches sich in sieben Ländern auf vier Kontinenten manifestiert – so auch in Deutschland in Form zweier Häuser der Weissenhofsiedlung in Stuttgart. Darüber hinaus ist die Architektur der Moderne in Deutschland v.a. durch Stätten wie das Bauhaus in Dessau und Weimar, die Siedlungen der Berliner Moderne sowie das Fagus-Werk in Alfeld vertreten.

Porträtserie

Im Rahmen der 40. Sitzung des UNESCO-Welterbekomitees im Juli 2016 in Istanbul wurden 21 Stätten neu in die Liste des Welterbes aufgenommen. In ihrer Gesamtheit versinnbildlichen sie die Vielfalt und Bandbreite des gemeinsamen Erbes der Menschheit, dessen Erhaltung und Pflege sich die internationale Staatengemeinschaft 1972 mit dem "Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt" verschrieben hat.

Porträtserie

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