Archäologische Stätte von Nalanda Mahavihara

Wegweiser für die buddhistische Lehre und Sakralarchitektur

Die UNESCO hat die Archäologische Stätte von Nalanda Mahavihara im indischen Bundesstaat Bihar im Juli 2016 in die Welterbeliste eingeschrieben. Bei dieser neuen Welterbestätte handelt es sich um Überreste eines Kloster- und Lehrzentrums, das seine Blütezeit vom 5. bis zum 7. Jahrhundert erlebte. Es stellt das erste und größte buddhistische Lehrzentrum im mittelalterlichen Indien dar. Seit Juli 2016 zählen auch die Regierungsgebäude in Chandigarh von Le Corbusier und der Kangchendzönga-Nationalpark zum Welterbe.

Faktenbox

Die Entstehung von Nalanda Mahavihara (Universität von Nalanda) geht auf das 3. Jahrhundert v. Chr. zurück, als der indische Herrscher Ashoka hier die sterblichen Überreste von Sariputta, einem der beiden Hauptschüler Buddhas, in einem Stupa weihte und ein Kloster- und Lehrzentrum gründete. Im Laufe der Zeit wurde das Gelehrtenzentrum um zahlreiche Stupas, Schreine und Viharas (buddhistische Wohn- und Lehrgebäude) sowie Tempel, Verehrungshallen (Chaitya) und bedeutende Kunstwerke aus Stuck, Stein und Metall systematisch erweitert. Nalanda Mahavihara wurde mit mehreren tausend Studenten zur größten buddhistischen Universität im Mittelalter und war bis zur Zerstörung im Zuge der islamischen Eroberung Indiens im 13. Jahrhundert ein aktives Studienzentrum.

Die Einschreibung der Stätte erfolgte auf der Grundlage von zwei Kriterien: Die Archäologische Stätte von Nalanda Mahavihara "stellt ein hervorragendes Beispiel eines Typus von Gebäuden und architektonischen Ensembles dar, die einen bedeutenden Abschnitt der Geschichte der Menschheit versinnbildlichen" (Kriterium iv). Die Stätte ist "unmittelbar mit Ideen oder Glaubensbekenntnissen von außergewöhnlicher universeller Bedeutung verknüpft" (Kriterium vi).

Die Anordnung der Gebäudekomplexe in Nalanda zeugt von einer Evolution in der Bauweise von der ursprünglichen kreisförmigen Gruppierung von Gebäuden um einen Stupa-Chaitya zur geradlinigen Aneinanderreihung von Viharas auf einer Nord-Süd-Achse, die mit der zunehmenden Studentenzahl um weitere Wohn- und Lehrgebäude erweitert werden konnten. Durch den mehrere Jahrhunderte andauernden Universitätsbetrieb wurden unterschiedliche architektonische und künstlerische Prototypen, Strukturen und Formen assimiliert, weiterentwickelt, standardisiert und später von weiteren universitären Einrichtungen auf dem indischen Subkontinent sowie in Süd- und Südostasien übernommen.

Auszug aus dem Statement of Outstanding Universal Value, 2016

"Defining standards of contemporary mahaviharas, Nalanda distinguished itself as one of the earliest planned universities of the Indian subcontinent, and indeed in the world. […] Nalanda remains one of the earliest and longest serving extraordinary institution-builder. Its system of pedagogy, administration, planning and architecture were the basis on which later mahaviharas were established."

"Nalanda definierte Standards der zeitgenössischen Mahaviharas und zeichnete sich als eine der frühesten geplanten Universitäten des indischen Subkontinents und tatsächlich in der Welt aus. [...] Nalanda bleibt einer der frühesten und am längsten dienenden außerordentlichen Errichter von Institutionen. Sein System der Pädagogik, Verwaltung, Planung und Architekt war die Grundlage, auf der später Mahaviharas gegründet wurden."

Die historische Entwicklung von Nalanda zeugt ferner von der Evolution des Buddhismus hin zu einer Religion mit unterschiedlichen Strömungen und von der Entfaltung von Kloster- und Lehrtraditionen. Der Universitätsbetrieb stützte sich auf ein gut funktionierendes Verwaltungssystem, das Aufnahmeprüfungen und die Verleihung von akademischen Abschlüssen vorsah, und auf einen mehrere Millionen Bücher umfassenden Bibliotheksbestand. Grundlage der Wissensvermittlung an der Universität war eine auf der indischen Logik und Philosophie basierende Lehrtradition und Diskussionskultur, welche die Entwicklung und Koexistenz unterschiedlicher buddhistischer Strömungen wie Mahayana und Vajrayana begünstigten, die auch heute noch weit verbreitet sind.

UNESCO-Programm "Initiative on Heritage of Religious Interest"

Wissensvermittlung, Lehre und Religion sind in der Archäologischen Stätte von Nalanda Mahavihara untrennbar miteinander verbunden. Weltweit weisen circa 20 Prozent der Natur- und Kulturstätten auf der UNESCO-Welterbeliste einen religiösen oder spirituellen Bezug auf und bilden somit die größte Kategorie in der Liste. Zum Beispiel der Nationalpark Uluru – Kata Tjuta in Australien stellt ein herausragendes Beispiel einer solchen Stätte dar. Im Rahmen des UNESCO-Programms "Initiative on Heritage of Religious Interest" zur Förderung von religiösen und spirituellen Welterbestätten hat das UNESCO-Welterbezentrum einen Umsetzungsplan für die Vertragsstaaten der Welterbekonvention erarbeitet mit dem langfristigen Ziel, Leitlinien für ein nachhaltiges Management dieser Stätten in die lokale, nationale, regionale und internationale Kulturpolitik zu integrieren und zur interkulturellen Verständigung und einem harmonischen Zusammenleben zwischen den Kulturen und Religionen beizutragen.

Porträtserie

Im Rahmen der 40. Sitzung des UNESCO-Welterbekomitees im Juli 2016 in Istanbul wurden 21 Stätten neu in die Liste des Welterbes aufgenommen. In ihrer Gesamtheit versinnbildlichen sie die Vielfalt und Bandbreite des gemeinsamen Erbes der Menschheit, dessen Erhaltung und Pflege sich die internationale Staatengemeinschaft 1972 mit dem "Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt" verschrieben hat.

Porträtserie

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