UNESCO-Welterbe Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří

Montane Kulturlandschaft von globaler Bedeutung

Die Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří gilt als herausragendes Zentrum wissenschaftlich-technologischer Bergbauinnovation und als einzigartige montane Kulturlandschaft. Im Erzgebirge wurden wegweisende Organisationsformen und Technologien entwickelt, die die Wirtschaft, staatlichen Systeme und gesamtgesellschaftlichen Umbrüche in Europa und weltweit entscheidend prägten. 

Die Bergbaugeschichte im Erzgebirge geht zurück auf erste Silberfunde im Jahr 1168 in der Nähe der heutigen Stadt Freiberg. Seitdem siedelten sich Bergleute, Handwerker, Kaufleute und Abenteurer in der Region an. Das Erzgebirge war insbesondere von 1460 bis 1560 die wichtigste Quelle für Silber in Europa, das hier noch bis 1968 gefördert wurde. Neben Silber wurden auch Zinn sowie weitere metallische Rohstoffe wie Blei, Eisen, Kobalt, Uran und Nickel als auch nichtmetallische Rohstoffe wie Kalk, Kaolin, Ton und Steinkohle im Erzgebirge abgebaut.

In der Produktion von Blaufarben war das Erzgebirge bis zum 18. Jahrhundert europäischer Marktführer. Davon zeugen heute noch das Schneeberger Bergbaugebiet und das Blaufarbenwerk "Schindlers Werk". Kobaltblau aus dem Erzgebirge war nicht nur ein wichtiger Bestandteil in der Meißner Porzellanherstellung, sondern wurde weltweit gehandelt. Kobaltpigment aus dem Erzgebirge war in der venezianischen und böhmischen Glasherstellung, der Delfter Keramik und in chinesischem Porzellan zu finden. Ab dem 19. Jahrhundert wurde die Region schließlich ein weltweit bedeutender Standort für den Abbau von Uran.

Die grenzüberschreitende Welterbestätte Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří besteht aus 22 Teilgebieten, 17 davon in Deutschland (Sachsen) und fünf in Tschechien (Karlovy Vary, Ústí nad Labem). Das sächsisch-böhmische Erzgebirge war seit dem Mittelalter Impulsgeber und Motor für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in der Region genauso wie auf dem gesamten europäischen Kontinent. Der Bergbau prägte das Erscheinungsbild des Erzgebirges maßgeblich durch eine Kombination aus Bergbaustätten, Wasserwirtschaft, Verkehr, Besiedlung, nachhaltiger Forstwirtschaft und Landwirtschaft. Aufgrund des intensiven und über 800 Jahre hinweg anhaltenden Bergbaus umfasst die Welterbestätte außergewöhnliche Anlagen und Strukturen. Dazu zählen Wasserwirtschaftssysteme für die Stromversorgung in den Minen und zur Entwässerung sowie Erzaufbereitung, Straßen, Schienen, Kanäle sowie Erzverarbeitungs- und Verhüttungsstandorte.  

Illustration Welerbestätten

Faktenbox

Die Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří ist ein außergewöhnliches Zeugnis des großen europa- und weltweiten Einflusses des sächsisch-böhmischen Bergbaus von der Renaissance bis zur Moderne (Auswahlkriterium ii). Das Wissen und Können der Bergleute, Handwerker und Kaufleute beeinflusste spätere Entwicklungen in anderen Bergbauregionen maßgeblich. Zu den zahlreichen Errungenschaften der Region gehört auch die Gründung der ältesten noch bestehenden Bergakademie im Jahr 1765. Hier forschten namhafte Wissenschaftler, die das Wissen weit über die Region und Europa hinaustrugen, darunter Abraham Gottlob Werner, der als Mitbegründer der modernen Montanwissenschaft gilt, und der Naturforscher Alexander von Humboldt.

Die Bergbauregion ist zudem ein herausragendes Zeugnis technologischer, wissenschaftlicher und administrativer Errungenschaften (Auswahlkriterium iii). Ab dem 16. Jahrhundert wurde die Verwaltung und Führung der Bergwerke staatlich kontrolliert. Die neue Bergbaubürokratie legte den Grundstein für ein frühkapitalistisches Zahlungssystem: Die erstmals 1520 geprägten Silbertaler waren für mehrere Jahrhunderte Vorbild für die Währungssysteme in vielen europäischen Staaten und gelten als Vorgänger des Dollars. Durch die Auswanderung gut geschulter sächsisch-böhmischer Bergleute wurde Wissen weithin exportiert. Sie spielten eine Schlüsselrolle im Austausch von Innovationen und in der Weiterentwicklung von Bergbautechnologien.

Die Montanregion repräsentiert eine zusammenhängende Bergbaulandschaft. Gut erhaltene über- wie untertägige Bergwerke, technologische Ensembles, anspruchsvolle Wasserwirtschaftssysteme und Landschaftsmerkmale sind Zeugnis des Abbaus und der Verarbeitung von metallischen und nichtmetallischen Rohstoffen vom späten Mittelalter bis in die Neuzeit (Auswahlkriterium iv). Die Bergbautätigkeiten führten zu einer beispiellosen Entwicklung der Region mit einer dichten Siedlung.

Die prägende Wirkung von montanen Traditionen, Ideen und Überzeugungen auf die Menschen ist bis heute im Erzgebirge lebendig. Die Interaktion zwischen Mensch und Umwelt zeigt sich im Erzgebirge auch anhand sehr lebendiger und identitätsstiftender immaterieller Kulturformen, die sich in vielfältigen Traditionen und Bräuchen sowie sozialen und politischen Entwicklungen widerspiegeln. So sind seit 2016 die Bergparaden und Bergaufzüge in Sachsen als Immaterielles Kulturerbe in Deutschland anerkannt.

Die 22 Teilgebiete der Montanregion

In Deutschland (Sachsen):

  • Hochmittelalterliche Silberbergwerke Dippoldiswalde
  • Bergbaulandschaft Altenberg-Zinnwald
  • Verwaltungszentrum Lauenstein
  • Bergbaulandschaft Freiberg
  • Bergbaulandschaft Hoher Forst
  • Bergbaulandschaft Schneeberg
  • Blaufarbenwerk Schindlers Werk
  • Bergbaulandschaft Annaberg-Frohnau
  • Bergbaulandschaft Pöhlberg
  • Bergbaulandschaft Buchholz
  • Historische Altstadt von Marienberg und zugehörige Bergbaulandschaft Lauta
  • Bergbaulandschaft Ehrenfriedersdorf
  • Saigerhütte Grünthal
  • Bergbaulandschaft Eibenstock
  • Bergbaulandschaft Rother Berg
  • Uranbergbaulandschaft

 

In Tschechien (Karlovy Vary, Ústí nad Labem):

  • Montanlandschaft Jáchymov
  • Montanlandschaft Abertamy–Boží Dar–Horní Blatná
  • Roter Turm des Todes
  • Montanlandschaft Krupka
  • Montanlandschaft Vrch Mĕdník (Kupferberg)

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