Auf ein Wort,

Aus der Vergangenheit die Zukunft gestalten

Zineb Bettayeb

Zineb Bettayeb
Stipendiatin des CrossCulture Programms des ifa, hospitiert im Fachbereich Welterbe der Deutschen UNESCO-Kommission

Drei Fragen zum Welterbe

Seit dem 21. Januar 2019 hospitiert Zineb Bettayeb aus Algier im Fachbereich Welterbe der Deutschen UNESCO-Kommission in Berlin. Ermöglicht wird dies durch das CrossCulture Programm des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa). Junge Berufstätige aus unterschiedlichen Ländern erhalten dadurch die Möglichkeit, für drei Monate in Organisationen in Deutschland zu arbeiten und zu lernen. Wir sprachen mit Zineb über ihren Weg von Algerien nach Deutschland, über Welterbe und die Rolle von Kulturerbe in der Gesellschaft.

Zineb, weshalb bist du nach Deutschland gekommen?

Deutschland ist in Algerien ein sehr angesehenes Land und hat eine sehr wechselvolle Geschichte. Ich wollte unbedingt die Kultur, die Gesellschaft und den Berufsalltag hier kennenlernen. Es ist eine tolle Erfahrung, auch wenn die deutsche Sprache wirklich eine große Herausforderung ist. Bereits bei meinem Studienaufenthalt in Toronto habe ich erlebt, wie bereichernd es ist, eine andere Kultur kennenzulernen – zum Beispiel hinterfrage ich mein eigenes Handeln wesentlich kritischer und bin viel aufgeschlossener geworden.

Was ist deine Verbindung zum Welterbe?

Ich komme aus Algier und habe nach meinem Studium in Informatik und Übersetzen zunächst als Kulturjournalistin gearbeitet. In Algerien gibt es viele gut ausgebildete junge Menschen, es ist jedoch nicht einfach, einen Beruf in seinem Studienbereich zu finden. Seit meiner Zeit als Journalistin habe ich ein großes Interesse für Kultur und dafür, wie Kultur zur Entwicklung von Gesellschaften beiträgt. Für mich sind Welterbestätten Orte, die von unserer Vergangenheit erzählen. Ich glaube, dass es für die Gestaltung einer guten Zukunft in Algerien enorm wichtig ist, seine eigene Vergangenheit zu kennen und das überlieferte Erbe zu erhalten. In Algier arbeite ich bei der Nationalen Agentur für Denkmalpflege, die für den Schutz und Erhalt der algerischen Welterbestätten zuständig ist, insbesondere für die Altstadt von Algier.

UNESCO-Welterbestätten

1.092 Welterbestätten weltweit in 167 Ländern - 44 davon in Deutschland.

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Für mich sind Welterbestätten Orte, die uns von unserer Vergangenheit erzählen und enorm wichtig für die Gestaltung einer guten Zukunft sind.

Der Welterbestatus der algerischen Stätten ist in der Bevölkerung nicht sehr bekannt. Die Kasbah von Algier hat jedoch in der Vergangenheit die Entstehung von anderen Städten in Nordafrika und Andalusien maßgeblich beeinflusst. Insgesamt nimmt die Altstadt aufgrund ihrer jahrhundertelangen Geschichte eine besondere Rolle im kollektiven Gedächtnis aller Algerier ein. Die Anwohner engagieren sich zudem sehr für den Erhalt ihrer historischen Häuser. Die Kasbah ist am Hang gebaut und die traditionellen Stadtstrukturen mit ihren unzähligen Treppen und engen Gassen sind auch heute noch gut zu erkennen. Dennoch drohen viele Häuser zu verfallen. Aufgrund der Hanglage der Kasbah können einzelne vernachlässigte Häuser zum Verhängnis für alle umliegenden Häuser werden. Daher hat die Regierung vor kurzem ein umfassendes Restaurierungsprogramm aufgelegt. Die Umsetzung des Restaurierungsplans für die Kasbah von Algier wird von der Nationalen Agentur für Denkmalpflege und der Regionalverwaltung von Algier betreut. Dazu gehören auch Sensibilisierungs- und Schulungsmaßnahmen für die Anwohner zur denkmalgerechten Sanierung ihrer Häuser.

Was verbindet die Altstadt von Algier und Berlin?

Ein wesentlicher Unterschied ist zunächst die geografische Lage. Algier ist eine Hafenstadt am Mittelmeer und war insbesondere zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert ein wichtiger Handelsplatz für das Osmanische Reich in Nordafrika.

Beide Städte wurden jedoch in den 1940ern teilweise oder stark zerstört: Berlin wurde im 2. Weltkrieg zerstört während zu dieser Zeit der untere Abschnitt der Altstadt von Algier am Hafen vollständig und der mittlere Abschnitt in Teilen von der französischen Kolonialmacht abgerissen wurden, um breite Straßen für die Armee und Gebäude im europäischen Stil zu bauen. Das hatte Armut und Arbeitslosigkeit der Anwohner der oberen Altstadt zur Folge, da die Menschen von ihren Arbeitsplätzen am Hafen abgeschnitten waren. Wie Berlin haben sich aber auch Algier und seine Altstadt seitdem entwickelt. Heute sind zwar nur noch die obere Altstadt und Teile des mittleren Abschnitts erhalten, aber es ist ein sehr lebendiges Viertel mit zahlreichen Kunsthandwerkern, Traditionen und einem starken Gemeinschaftsgefühl.

Vielen Dank für das Interview!

Weitere Informationen:

UNESCO-Welterbe

CrossCulture Programm (CCP)

Seit 2005 sammeln junge Berufstätige und freiwillig Engagierte aus verschiedenen Weltregionen im CrossCulture Programm (CCP) des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa) Berufserfahrung in Deutschland. Umgekehrt fördert das Programm auch Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Deutschland, die in einem der Zielländer arbeiten und lernen möchten. Jährlich nehmen etwa 80 Personen aus mehr als 35 Ländern an dem Programm teil.

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