Auf ein Wort,

Constitutio Antoniniana

Dr. Peter Reuter

Dr. Peter Reuter
Leitender Bibliotheksdirektor, Justus-Liebig-Universität-Gießen

Welche weltgeschichtliche Bedeutung hat die Constitutio Antoniniana?

Mit der 212/13 vom römischen Kaiser Caracalla erlassenen Constitutio Antoniniana erhalten alle freien Bewohner des Römischen Reiches das römische Bürgerrecht. Damit wird erstmalig in der Weltgeschichte in einem Gebiet, das viele Millionen Menschen unterschiedlichster kultureller Prägung auf drei Kontinenten – Europa, Afrika und Asien – umfasst, ein einheitlicher Bürgerstatus geschaffen. Die bestehenden lokalen Rechte bleiben erhalten. Der etwa zwei Jahre später entstandene Gießener Papyrus enthält das weltweit einzige noch im originalen Wortlaut existierende Exemplar in griechischer Übersetzung. Die Constitutio Antoniniana steht in einer Reihe welthistorisch bedeutender Dokumente der Bürger- und Menschenrechtsgeschichte, darunter die Magna Charta aus dem Jahr 1215, die Goldene Bulle von 1356 oder die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte durch die französische Nationalversammlung aus dem Jahr 1789.

Wie erhalten Sie ein so altes Dokument?

Die Aufbewahrung erfolgt im alarmgesicherten und konstant klimatisierten Sondermagazin der Gießener Universitätsbibliothek. So war es allerdings nicht immer. Im Jahr 1930 kam der Papyrus aus dem Oberhessischen Museum im Gießener Alten Schloss, das 1944 zerstört wurde, in die Universitätsbibliothek. Von 1940 bis 1946 war das Stück in einem Banktresor ausgelagert, wo es im März/April 1945 einem Hochwasserschaden ausgesetzt war. Dies führte zu Schimmelbildung. Restauratorische Arbeiten im unmittelbaren Anschluss und zuletzt im Jahr 2009 haben den Papyrus für die Zukunft gesichert.

Was ändert sich für Ihre Arbeit mit der Papyrushandschrift, nachdem sie nun als UNESCO-Weltdokumentenerbe ausgezeichnet wurde?

Schon seit 2001 ist der Papyrus digital online frei verfügbar, für besondere Forschungsfragen auch das Original. Zur Constitutio Antoniniana bereitet die Universitätsbibliothek eine eigene Informationsseite für das interessierte Publikum vor. Das Institut für Altertumswissenschaften plant Veranstaltungen zur Geschichte der Bürgerrechte in der Antike unter Beteiligung in- und ausländischer Forschender. Nicht zuletzt werden sich die Stadt als Eigentümerin und die Universität Gießen als Sammlungsverantwortliche der Bedeutung des Weltdokumentenerbes bei ihrer täglichen Arbeit verpflichtet fühlen.

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