Auf ein Wort,

"Ein eiszeitlicher Fußabdruck über Ländergrenzen hinweg"

Manfred Kupetz

Dr. Manfred Kupetz
Vorsitzender des Fördervereins Muskauer Faltenbogen

Der Muskauer Faltenbogen / Łuk Mużakowa wurde im November 2015 in das neu geschaffene "International Geoscience and Geopark Program" der UNESCO aufgenommen. Mit der Verleihung der UNESCO-Urkunde wurde am 28. Mai 2016 die Anerkennung als grenzüberschreitender UNESCO-Geopark offiziell besiegelt. Warum hat der Geopark internationale Bedeutung und welche Auswirkungen hat die UNESCO-Auszeichnung für die Region? Hierüber sprachen wir mit dem Vorsitzenden des Fördervereins Muskauer Faltenbogen, Dr. Manfred Kupetz.

Herr Kupetz, der Muskauer Faltenbogen ist einer von sechs Geoparks in Deutschland, die als UNESCO Global Geopark ausgezeichnet wurden. Was ist aus geologischer Sicht das Besondere am Muskauer Faltenbogen?

Der Faltenbogen ist eine etwa 20 mal 20 Kilometer große Landschaftsform. Sie liegt wie ein großes Hufeisen in der "brandenburgischen Streusandbüchse", im Länderdreieck Brandenburg – Sachsen – Lebuser Land / Wojewodstwo Lubuskie, Polen. Mitten durch das Gebiet fließt die Neiße, welche sich als Flachlandgewässer mit bis zu 30 Metern teilweise ungewöhnlich tief in die Landschaft einschneidet. Der Muskauer Faltenbogen entstand vor rund 350.000 Jahren in der Eiszeit als "Stauchendmoräne" am Rande des etwa 500 Meter mächtigen Muskauer Gletschers. Das heißt, der Untergrund wurde bis in eine Tiefe von 300 Metern gestaucht und die davor liegenden Erdmassen türmten sich auf. Die Stauchendmoräne Muskauer Faltenbogen lässt sich sozusagen als Fußabdruck dieses eiszeitlichen Gletschers verstehen. Der Faltenbogen war im 19. und 20. Jahrhundert ein großes Braunkohlenabbaugebiet und wurde deshalb durch Geologen und Bergleute intensiv bis in größere Tiefen untersucht. Er gilt deshalb in der geologischen Fachliteratur als die am besten untersuchte Stauchendmoräne weltweit.

Wie hat diese besondere Geologie die Region geprägt?

Viele tiefliegende Gesteine und Minerale wurden durch die Stauchung an die Oberfläche geschoben, darunter die bereits erwähnte Braunkohle, aber auch Glassande, hochwertige Tone für Buntgeschirr, Ziegel und Industriekeramik sowie Alauntone, aus denen zahlreiche Mineralquellen hervorsprudeln. Mit der Errichtung des Eisenbahnnetzes Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich ein geschlossenes Bild der geologisch bedingten Braunkohlen-, Glas-, Keramik-, Papier- und Textilindustrie. Die Brennstoffversorgung war für diese Industrien existentiell, so dass der Braunkohlegewinnung eine besondere Bedeutung zukam. Die heutige Altbergbaulandschaft ist ein gewässer- und waldreicher Naturraum von beachtenswerter ökologischer Vielfalt. Gemeinsam mit der für das Flachland recht bewegten Morphologie machen diese den Faltenbogen zu einem attraktiven Wander- und Radtourismusziel.

Was bedeutet die Auszeichnung als UNESCO Global Geopark für die Zukunft der Region? Welchen Beitrag leistet der Geopark beispielsweise zur nachhaltigen Entwicklung?

Das Länderdreieck Brandenburg – Sachsen – Polen liegt abseits größerer Ballungsgebiete wie Berlin, Dresden oder Wrocław auf dem "flachen Land". Hinzu kommt, dass seine nähere Umgebung strukturell durch die großen Braunkohlentagebaue und –kraftwerke geprägt ist. Mit der Energiewende stellt sich deshalb für die Region die Frage nach neuen Entwicklungsmöglichkeiten. Die Auszeichnung als UNESCO Global Geopark schafft da wertvolle Perspektiven.

Des Weiteren arbeiten der zum UNESCO-Welterbe gehörende Fürst-Pückler-Park Muskau und der Geopark seit mehr als 15 Jahren eng zusammen. Beide verfolgen das Konzept einer Fürst-Pückler Park- und Kulturlandschaft. Die Idee ist, neben denen eher punktuell angelegten kulturellen Sehenswürdigkeiten Pücklers, den Tourismus mit dem Erschließen dieser Natur-, Bergbau- und Industriefolgelandschaft im Geopark zu befördern. Der UNESCO-Status des Geoparks ist dabei ein wesentliches, die Aufmerksamkeit fokussierendes Element. Ein sehr wichtiger Aspekt dabei ist außerdem die Umweltbildung, insbesondere für Kinder und Jugendliche sowie Studenten. Sie ist ausgerichtet auf die Wissensvermittlung über die Erd- und Landschaftsentwicklung, die Notwendigkeit der Rohstoffnutzung und die anschließende Entwicklung der Bergbaufolgelandschaft. Dieses wird im Kontext eines ganzheitlichen Naturschutzgedankens dargestellt. Internationale Vernetzung wird unter den UNESCO Global Geoparks allgemein groß geschrieben.

Ihr Geopark zeichnet sich außerdem dadurch aus, dass er einer der sehr wenigen grenzüberschreitenden Geoparks ist. Welche besonderen Herausforderungen und Chancen sehen Sie hierin?

Der Geopark ist ein Ort des kulturellen und menschlichen Austausches zwischen Deutschland und Polen, getragen durch das Engagement der Akteure auf beiden Seiten. Auf diese Weise wird eine nachhaltige Entwicklung im Kleinen gelebt. Die tägliche Netzwerkarbeit des Geoparks reicht sowohl in Polen als auch Deutschland jeweils weit über die engen Grenzen des nur 580 km² großen Geoparks hinaus.

In Polen gibt es zum Beispiel Kooperationen mit der Verwaltung der Wojewodschaft Lebuser Land, den staatlichen Forst- und Naturschutzverwaltungen, dem Geologischen Dienst und verschiedenen Universitäten. In Deutschland ist dies anlog. Kern der weitergehenden internationalen Verbindungen ist die Kooperation mit anderen Geoparks des Europäischen Geoparknetzwerks. Aktuell sind es gemeinsame Projekte mit Geoparks in Tschechien, Ungarn und Frankreich. Es ist ein Kernanliegen des Global Geoparks Networks, Menschen verschiedener Nationalität und kultureller Identität über die jeweiligen geologischen und geografischen Charakteristika der Geoparklandschaften miteinander ins Gespräch zu bringen. Hierzu möchten wir unseren Beitrag leisten.

Weitere Informationen

DUK-Webseite Geopark Muskauer Faltenbogen   

Webseite des Muskauer Faltenbogens

Hintergrundinformationen zu den UNESCO Global Geoparks

Zurück zur Übersicht