Bildung für alle

UNESCO-Weltbildungsbericht 2008

Bis 2015 soll weltweit "Bildung für alle" erreicht werden. Die Weltgemeinschaft ist dabei auf dem richtigen Weg, auch wenn noch viele Herausforderungen vor ihr liegen. So lautet das Ergebnis des UNESCO-Weltbildungsberichtes 2008. Er hat eine besondere Bedeutung, da er als Halbzeit-Evaluation die bisherigen Fortschritte seit dem Weltbildungsforum in Dakar im Jahr 2000 dokumentiert und die Aufgaben bis 2015 benennt.

Auf dem richtigen Kurs

Die Weltgemeinschaft, so der Bericht, befindet sich auf dem richtigen Weg und hat seit Dakar wichtige Fortschritte gemacht: Die Zahl der eingeschulten Kinder ist erheblich gestiegen, mehr Mädchen als je zuvor gehen zur Schule. Nationale Bildungsausgaben und Entwicklungshilfe sind insgesamt erhöht worden, allerdings noch nicht in ausreichendem Maße. Zudem verringern mangelhafte Bildungsqualität, Kosten für den Schulbesuch und anhaltend hohe Analphabetenraten unter Erwachsenen die Chancen, bis 2015 "Bildung für alle" weltweit zu erreichen. Bislang konzentrieren Regierungen und Geber ihre Anstrengungen zu sehr auf die formale Grundschulbildung und vernachlässigen sowohl die frühkindliche Förderung als auch die Alphabetisierung von Erwachsenen.

Die wichtigsten Aufgaben bis 2015:

  • Alle sechs Ziele in den Blick nehmen
  • Stärkeres Engagement der Regierungen für Bildung
  • Erhöhung der Entwicklungshilfe für Grundbildung
  • Verbesserung von Lernbedingungen

Es gilt jetzt, die Schwächsten und am stärksten Benachteiligten zu erreichen.

Die sechs Ziele von Dakar: Was haben wir erreicht?

Ziel 1: Frühkindliche Förderung

Der Anteil der Kinder unter sechs Jahren weltweit, die an Programmen zur frühkindlichen Bildung teilnehmen, stieg um 7 Prozent auf 40 Prozent (2005). Allerdings ist die Rate in einigen Regionen immer noch erschreckend niedrig, sie liegt bei 14 Prozent in Subsahara-Afrika und 17 Prozent in den arabischen Staaten. Gerade Kinder aus den ärmsten und sozial benachteiligten Bevölkerungsgruppen, die am stärksten von solchen Programmen profitieren würden, werden nicht erreicht.

Ziel 2: Universelle Grundschulbildung

In 95 Prozent der Länder weltweit besteht Schulpflicht; 23 Länder haben seit 2000 entsprechende Gesetze erlassen. 2005 besuchten 87 Prozent der Kinder im Grundschulalter eine Grundschule, 4 Prozent mehr als 1999. Besonders hohe Zuwachsraten verzeichnen Subsahara-Afrika (Steigerung von 23 Prozent) und Süd- und Westasien (11 Prozent). Zwischen 1999 und 2005 fiel die Zahl der Kinder, die nicht zur Schule gehen, um 24 Millionen auf 72 Millionen. Kinder aus armen, indigenen und sozial schwachen Bevölkerungsgruppen bleiben benachteiligt.

Ziel 3: Lernchancen von Jugendlichen und Erwachsenen

Non-formale Bildungsprogramme erhalten zu wenig öffentliche Förderung, obwohl sie in den ärmsten Ländern häufig die wichtigste Lernchance für Jugendliche und Erwachsene darstellen.

Ziel 4: Alphabetisierung von Erwachsenen

Weltweit können nach wie vor 774 Millionen Erwachsene - das heißt jeder Fünfte - nicht lesen und schreiben, davon sind unverändert zwei Drittel Frauen. Mindestens 72 Länder (von 127 Ländern mit verfügbaren Daten) werden es voraussichtlich nicht schaffen, ihre Analphabetenrate unter Erwachsenen bis 2015 zu halbieren. Nur China konnte in den letzten Jahren die Analphabetenzahl deutlich reduzieren.

Ziel 5: Chancengleichheit

Zwischen 1999 und 2005 konnten weitere 17 Länder Geschlechterdisparitäten in der Grundschule ausgleichen, darunter Ghana, Senegal, Malawi und Uganda. 19 Länder, unter anderem Bolivien, Peru und Vietnam, erreichten diesen Ausgleich in der Sekundarstufe. Damit haben 63 Prozent der Länder in der Primarstufe und 37 Prozent der Länder in der Sekundarstufe ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis erzielt. Dennoch zeigen Hochrechnungen, dass das Ziel, bis 2015 Chancengleichheit in Grund- und Sekundarstufe zu erreichen, bei anhaltenden Trends in über 90 Ländern (von 172 Ländern mit verfügbaren Daten) verfehlt werden wird.

Ziel 6: Bildungsqualität

Die Bildungsqualität ist insbesondere in vielen Entwicklungsländern Grund zur Sorge. Ursachen sind überfüllte Klassenräume in katastrophalem Zustand, fehlende Lehrbücher und vor allem zu wenig und kaum ausgebildete Lehrer. In Afghanistan kommen auf einen ausgebildeten Lehrer mehr als 100 Schüler. Die HIV/Aids-Pandemie fordert unter Lehrern erschreckend viele Opfer; in Tansania waren zwischen 2000 und 2002 42 Prozent der Todesfälle unter Lehren auf HIV/Aids zurückzuführen. Um bis 2015 Grundschulbildung für alle zu ermöglichen, werden weltweit 18 Millionen Lehrer zusätzlich benötigt.

Konzertierte Aktionen haben Erfolg

Die großen Fortschritte bei der Einschulungsrate und beim Geschlechterverhältnis in der Grundschule zum Beispiel in Äthiopien, Burkina Faso, Indien, Mosambik, Tansania, Jemen und Sambia zeigen, wie viel erreicht werden kann, wenn gute nationale Bildungspolitik, höhere Bildungsausgaben und internationale Hilfe kombiniert werden.

Die Finanzierung von "Bildung für alle"

Nationale Bildungsausgaben immer noch zu niedrig

Der Bericht fordert von den Regierungen mehr Engagement für Bildung. Kapazitäten müssen sowohl auf nationaler als auch auf lokaler Ebene gestärkt werden. Mehr und besser ausgebildete Lehrer sind notwendig, Schulen müssen besser ausgestattet werden. Um allen Kindern Zugang zu Bildung zu ermöglichen, müssen die Regierungen Schulgebühren abschaffen und Maßnahmen gegen Kinderarbeit ergreifen. Stipendienprogramme für Kinder aus benachteiligten Bevölkerungsgruppen und an den Schulbesuch geknüpfte Geld- oder Sachleistungen für deren Familien sind weitere wichtige Instrumente. Die Einschulungsraten von Mädchen können positiv beeinflusst werden, indem mehr Lehrerinnen eingestellt werden.

Entwicklungshilfe: 11 Milliarden deutlich verfehlt

2004 wurden 5,1 Milliarden Dollar Entwicklungshilfe für Grundbildung zugesagt, 2,4 Milliarden mehr als 2000. Im Jahr 2005 sank die Zahl jedoch wieder auf 3,7 Milliarden. Bis 2010 müsste die bilaterale Hilfe für Grundbildung auf jährlich 5 Milliarden Dollar anwachsen, wenn alle Zusagen eingehalten werden. Doch selbst dann und auch wenn die multilaterale Hilfe einbezogen wird, werden die 11 Milliarden Dollar deutlich verfehlt, die jährlich benötigt werden, um Grundbildung für alle zu erreichen. Entwicklungshilfe muss gezielter für die Länder mit den größten Problemen eingesetzt werden, vor allem krisengeschüttelte Länder und Länder in Subsahara-Afrika. Die Geber müssen ihre Hilfe gemäß der Paris Erklärung zur Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit von 2005 besser koordinieren, auf national bestimmte Bildungssektorpläne ausrichten und für die Partnerländer langfristig planbar einsetzen.